Der Name Ischl

(Auszug aus dem Ischler Heimatbuch, 1966)

Ischl ist der einzige Siedlungsname des Salzkammergutes, der vorrömischen Ursprungs ist.
Die das Ischlland durchfließende Traun, deren Name ebenfalls keltischer oder illyrischer Herkunft wäre, kann nicht als Beweis für die Anwesenheit der Kelten in der Ischler Gegend gelten, weil ihr Flusslauf nicht auf das Ischlland beschränkt ist und vermutlich an einer mündungsnäheren Stelle von einer dort ansässigen keltischen Bevölkerung seinen Namen erhalten hat.

Nach den Ergebnissen der historischen Ortsnamenforschung wurden die Flussnamen meistens erst im Bereich der Mündung geprägt. Der vorrömische Name (drun = Fluss, Flusslauf) dürfte am ehesten im Traunviertel, wo die Bevölkerungskontinuität eine viel größere und dichtere war, in unsere heutige Sprache übernommen worden sein. Bei der Ischl ist dies anders, denn ihr Flusslauf liegt von der Quelle bis zur Mündung im Salzkammergut, so dass das Flüsschen seinen Namen von einer in diesem Raume ansässigen Volksgruppe erhalten haben muss.
Der Name wurde sicherlich zuerst dem Fluss und nicht der Siedlung gegeben, denn "... die Flüsse bilden das erste Orientierungsmittel für den Wanderer und Waldläufer...". Wenn auch heute die an der Mündung der Ischl gelegene Siedlung den Namen des Flusses trägt, so müsste dies nicht unbedingt von je her so gewesen sein, denn E. Kranzmayer (Die Namen der Bundesländer Österreichs und ihre Hauptstädte. Wien 1956) konnte aufzeigen, dass viele Städte, die heute den Namen des Flusses tragen, an dessen Mündung sie liegen, bis zur Völkerwanderungszeit anders geheissen haben (z.B. Lauriacum - Lorch - Enns).
In Ischl scheinen aber Fluss und Siedlung tatsächlich immer gleichen Namens gewesen zu sein. Die ältesten urkundlichen Schreibweisen der Ischl lauten 829 Iscula, 849 Iscola und 977 Iscala. Ein jetzt verschollener römischer Inschriftstein aus Bad Ischl nennt eine römische Zollstation Esc(...). Dieser nach römischer Gepflogenheit abgekürzte Name wird von den Epigraphikern als Genetivform "statio Esc(ensis)" aufgelöst. Der sprachliche Zusammenhang zwischen der Vorgängerin des heutigen Ischl, der statio Escensis und Iscula, Iscola, Iscala dürfte offensichtlich sein. Statio Escensis ist nicht lateinisch, sondern nur die latinisierte Form einer vorrömischen Namensgebung. Die Römer haben sich bei der Besitzergreifung der Donauländer in der Regel in den schon bestehenden Siedlungen nieder gelassen und waren überall, wo sie hin kamen, nachweisbar bestrebt, die bei ihrem Eintreffen vorgefundenen, allseits bekannten Ortsnamen bei zu behalten und lediglich so weit zu latinisieren, dass sie sich dem Flusse ihrer Sprache einpassten.
Für den Namen Ischl liegen mehrere etymologische Ableitungsversuche vor. K. Schiffmann führte den Namen auf das keltische Wort esk = Wasser zurück, das seine Wurzeln im indogermanischen eisk hat, zu dem isk (iscula) eine Ablautform sein könnte. W. Steinhauser dachte an das kontinental-keltische Wort isk = Fisch. Dagegen wurde zu bedenken gegeben, dass das keltische isk in einem Gewässernamen eine Verbindung mit einem keltischen Wort für Fluss oder Wasser oder eine J-Ableitung, nicht aber eine auf I (iscula) erfordert hätte.
E. Kranzmayer glaubt, dass nach A. Walde das Wort eine k-Formante der indogermanischen s-Ableitung der Wurzel ei = gehen (oder zu dessen Ablautstufe i = gehen, laufen, rennen) wäre.
F. Pichler schlug vor, den Namen auf das lateinische esca = Speise, Lockspeise, Köder, Aas zurück zu führen, und schließlich leitete Karl Finsterwalder mit Otto Stolz Ischl vom romanischen Iscla = Au ab und meinte, dass dieser Name im Salzkammergut schon früh in die deutsche Sprache gekommen sein müsse, da der Name noch die altbayrische Umwandlung des sk zu s mit gemacht hat, während sich in den anderen, später eingedeutschten Landschaften das romanische iskla nur in der, der Urform noch viel ähnlicheren Abwandlung Ischgl erhalten konnte.
Wenn auch mehrere Deutungsversuche existieren, so haben doch alle Varianten eines gemeinsam: sie führen Ischl auf eine vordeutsche Wurzel zurück. Dieses Ergebnis ist besonders wichtig, denn zweifellos kommt dem Ortsnamen bei der Aufhellung der Frühgeschichte hohe Bedeutung zu. "Die Ortsnamen sind das allerbeständigste Gut, das überhaupt von der Heimatgeschichte zu erzählen weiß", hat der beste Kenner dieser Materie (E. Kranzmayr) einmal geurteilt.