Arisiertes Inventar

Stecknadel Sisipark


Inventarlisten der NS-Bürokratie (Bild: OÖLA)


Performancevideo mit Simon Mayer

Der Performer Simon Mayer versetzt sich in seiner Performance „Der Erbe“ in die Situation jener, die mitunter Stücke erben, welche ihren Eltern nicht rechtmäßig gehörten.


Inventare um Inventare listen akribisch die Besitztümer der als jüdisch geltenden Familien auf. Bemalte Bauernkästen, Silberbesteck und Gläser, Gartenmöbel und Betten, Plumeaus und Waschtische, Gemälde und Jagdtrophäen, Autographen und ganze Bibliotheken. Oft bewertet von Sachverständigen, die diese Bezeichnung verdienen – oder auch nicht.

Ein Beispiel dafür war u.a. die Villa Landauer: Die Interieurs eines Empire-Zimmers und dreier Salons wurden von den nationalsozialistischen Machthabern ebenso „enteignet“ wie zwei Klaviere, wertvolle Vitrinen und Luster sowie eine Bibliothek von etwa 5000 Bänden. Auch anderes verschwindet, wie die späteren Bewohner der Villa Landauer nach dem Ende des Krieges berichten: „Während das Land Oberdonau Besitzer war, wurden das Haus für Dienststellen der NSDAP eingerichtet. Alle wertvollen Gegenstände verschwanden. Die NSV schleppte z.B. das gesamte Bettzeug fort.“

Nach dem Krieg fehlt vom Inventar meist jede Spur, so bezogen sich die Ansprüche der Familie Ohrenstein in Bad Ischl nicht nur auf die Villa, sondern auch auf das Mobiliar: „Die Einrichtungsgegenstände wurden zum größten Teil von der Antragsgegnerin [Frau Rücker] verkauft und wurde auch von Hausbewohnern gesehen, wie Möbel weggeführt wurden“, heißt es in der Stellungnahme des Bad Ischler Rechtsanwaltes Dr. Otto Kohn, der die Familie vertritt, an das Landesgericht Linz vom 19. Dezember 1953.

Inventarlisten der NS-Bürokratie (Bild: OÖLA)

Gestohlen, verkauft, verwendet, weggeschmissen. Die Inventare in den Rückstellungsakten zeigen den Verlust und den hilflosen Versuch der früheren Eigentümer, nicht nur die Gebäude, sondern auch die Einrichtungen zurückzubekommen, aber selten sind die Möbel und Gemälde erhalten geblieben.

Text: Dr. Marie-Theres Arnbom

Buchtipp:

Marie-Theres Arnbom, Die Villen von Bad Ischl, 2017 Amalthea-Verlag


Installation "Stille Zeugen" und "Der Erbe" 

Arisiertes Inventar

Die Performance „Der Erbe“ fand während des Festivals der Regionen 2021 in der Installation „Stille Zeugen“ von Teresa Distelberger statt. Im Sisipark in Bad Ischl tauchten aus der gepflegten Rasenoberfläche wie Spuren einer verdrängten Vergangenheit große Teile von antiquarischen Möbelstücken auf. Sie erinnerten daran, dass im Zuge der Arisierung vieler Villen jüdischer Bürger*innen die ursprüngliche Ausstattung mit Möbel und Hausrat selten restituiert wurde und so manche Stücke sich – wissend oder unwissentlich – noch immer in vielen Haushalten der Region befinden. Die Möbel waren, stellvertretend für die damals enteigneten Möbel, stille Zeugen all der Menschen, die mit ihnen gelebt haben und der Besitzwechsel, die sie erfahren haben.

Arisiertes Inventar


Credits “Der Erbe” und “Stille Zeugen”:

Choreografie und Performance „Der Erbe“: Simon Mayer
Kamera und Videoschnitt, Konzept Installation und Performance: Teresa Distelberger
Umbau der Möbelstücke „Stille Zeugen“: Klasse Restauration HTBLA Hallstatt – Sidonie Aumair, Jan Barnstedt, Valentina Grois,
Ilvy-Maria Gumpinger, Jakob Infanger, Marlene Karel, Florian Reininger, Werkstattlehrer: Robert Muckenhofer


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