Der Ariseur Wilhelm Haenel

Stecknadel Haenelvilla Concordiastraße


Wilhelm Haenels Hochzeitsfoto


 Der Ingenieur Wilhelm Haenel, 1891 in der Nähe von Berlin geboren und seit 1926 in Bad Ischl ansässig, war einer der rücksichtslosesten „Ariseure“ der „Ostmark“. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 entwickelte Haenel als „Beauftragter der Partei“ ein System der „legalen“ Enteignung, das aus Einschüchterung, Bedrohung und Diebstahl bestand.

Er eröffnete ein Büro am Wiener Schubertring 6 in der durchaus richtigen Annahme, dass die jüdischen Villenbesitzer den Sommer 1938 nicht mehr in Ischl verbringen würden. Haenel legte ihnen „Verträge“ vor, die die meisten verunsichert und verängstigt unterschrieben, und war somit flugs „Treuhänder“ vieler Ischler Villen – und damit allen verfügungsberechtigt. 

Der „Gau Oberdonau“ schlug aus diesen Geschäften einiges an Profit, denn die für einen Pappenstiel „gekauften“ Villen wurden um ein Vielfaches weiterverkauft – die Finanznot des Gaus wurde so rasch gelindert. Haenel lagerte auch Wertgegenstände in seiner eigenen Villa, was nach dem Ende des Krieges zu der grotesken Situation führte, dass er behauptete, diese nur verwahrt zu haben.

1945 wurde Wilhelm Haenel vom US-amerikanischen Nachrichtendienst CIC verhaftet und interniert. Doch während die von ihm Enteigneten in mühseligen Verfahren darum kämpfen mussten, ihr Eigentum zurückzubekommen, galt Haenel nur als „minderbelastet“. 1949 kam er wieder frei, bis zu seinem Tod 1967 lebte er als angesehener Bürger in Bad Ischl. Der sozialdemokratische Bürgermeister Franz Müllegger fungierte 1958 sogar als sein Trauzeuge. Viele Jahre lang war die Villa Haenel-Pancera ein Museum: Gezeigt wurden Kunstgegenstände aus aller Welt, deren Provenienz ungeklärt war und ist.

Text: Dr. Marie-Theres Arnbom


Buchtipp: 

Marie-Theres Arnbom, Die Villen von Bad Ischl, 2017 Amalthea-Verlag

Zum Weiterlesen:

Die Arisierung der Schratt-Villa in Bad Ischl – „Im Übrigen müssen wir es der Gestapo überlassen…“ Protokoll der staatlich sanktionierten Beraubung und Ermordung der österreichischen Juden am Beispiel der Helene Löhner, Besitzerin der Villa Felicitas („Schratt-Villa“) in Bad Ischl.
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